Der Bürgerbeauftragte und sein Befassungshindernis bei Angelegenheiten, die schon bei Gericht sind oder waren
Die Grundbucheintragung dauert (zu) lange, die Erteilung des Erbscheins lässt auf sich warten … Bürgerinnen und Bürger wenden sich zuweilen auch mit solchen Anliegen an den Bürgerbeauftragten. Allerdings kann er hier in der Regel nicht helfen. Denn: Was Aufgabe des Thüringer Bürgerbeauftragten ist und was er in Wahrnehmung dieser Aufgabe darf und was nicht, regelt das Thüringer Bürgerbeauftragtengesetz (ThürBüBG). Darin enthalten ist mit § 3 auch eine Vorschrift, die festlegt, wann der Bürgerbeauftragte nicht tätig werden darf bzw. von der sachlichen Prüfung eines Anliegens nach pflichtgemäßem Ermessen absehen kann.
Ein rechtlich zwingendes Befassungshindernis ist vor allem dann gegeben, wenn die Prüfung durch den Bürgerbeauftragten einen Eingriff in ein schwebendes gerichtliches Verfahren oder die Nachprüfung einer gerichtlichen Entscheidung bedeuten würde. Ein Befassungshindernis besteht auch wenn nach einem schon rechtskräftig abgeschlossenen gerichtlichen Verfahren die Wiederaufnahme oder eine Änderung der getroffenen Entscheidung angestrebt wird.
Diese Regelung des Bürgerbeauftragtengesetzes geht auf das rechtsstaatliche Gewaltenteilungsprinzip und die ebenfalls verfassungsrechtlich verankerte Unabhängigkeit der Justiz zurück. Das Gewaltenteilungsprinzip besagt – vereinfacht gesagt -, dass die Aufgaben und Kompetenzen von Exekutive (gesetzesausführende Gewalt), Legislative (gesetzgebende Gewalt) und Judikative (rechtsprechende Gewalt) klar umrissen sind und keine Zuständigkeitsüberschneidungen stattfinden sollen. Bereits gerichtlich geprüfte Sachverhalte darf der - von der Legislative gewählte und im staatsrechtlichen Organisationsgefüge daher dort zu verortende - Bürgerbeauftragte daher nicht nochmals aufgreifen. Auch eine Einflussnahme des Bürgerbeauftragten auf ein Gericht ist mit Blick auf die Unabhängigkeit der Justiz nicht möglich.
Denkt man an Gerichte, hat man meist die Strafgerichtsbarkeit vor Augen oder auch die Arbeit der Zivilgerichte. Es gibt aber noch einen anderen Bereich an Aufgaben, der den Gerichten übertragen ist. Er wird „Freiwillige Gerichtsbarkeit“ genannt. Hier geht es z.B. um die Führung des Grundbuches, des Vereins- und des Handelsregisters, um Nachlassangelegenheiten (z.B. Erteilung eines Erbscheins) und den Bereich des Betreuungsrechts (z.B. Bestellung eines Betreuers). Die rechtlichen Regeln für diese Angelegenheiten, die i.d.R. von Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern erledigt werden, sind vor allem im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) enthalten.
Die gerichtliche Tätigkeit in diesem Bereich der sog. "vorsorgenden Rechtspflege" oder auch "Rechtsfürsorge im öffentlichen Interesse" ist zwar keine „Recht-Sprechung“, wird aber auch nicht der öffentlichen Verwaltung zugerechnet. Dies hat zur Folge, dass der Bürgerbeauftragte auch bei derlei Angelegenheiten, die also die Freiwillige Gerichtsbarkeit betreffen, nicht tätig werden darf.