Information: Briefwahl nicht möglich – kann das sein?
Mit einer recht spannenden wahlrechtlichen Frage wandte sich ein Bürger an den Bürgerbeauftragten. Er teilte mit, dass die Mitglieder der Ortsteilräte einer kreisfreien Thüringer Stadt nicht durch Briefwahl gewählt werden könnten. Die Aufsichtsbehörden hätten daran nichts auszusetzen. „Kann denn das sein?“ fragte der Bürger und vertrat die Ansicht, bei einer solchen Handhabung brauche man sich wirklich nicht zu wundern, wenn Nicht- oder Protestwähler entstünden. Im Namen vieler verärgerter Briefwähler bat der Bürger den Bürgerbeauftragten deshalb darum, sich der (Zitat) „diskriminierenden Behandlung“ anzunehmen.
In seiner Antwort unterschied der Bürgerbeauftragte zwischen der juristischen und der ideellen Beurteilung:
Juristisch liegen die Dinge recht eindeutig und der Bürgerbeauftragte konnte die von der Aufsichtsbehörde vertretene Beurteilung nur teilen, und zwar auch unter ausdrücklichem Hinweis auf einen einschlägigen Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes. Weiter informierte er den Bürger darüber, dass vielmehr umgekehrt gegen die Zulässigkeit der Briefwahl Bedenken bestünden, denn unter dem Gesichtspunkt der Geheimheit der Wahl werde die Briefwahl durchaus als problematisch betrachtet, weil sie keinen von den Wahlbehörden garantierbaren Geheimnisschutz ermögliche. Das Bundesverfassungsgericht habe sie dennoch toleriert (Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichtes v. 15.02.1967, 2 BvC 2/66, und 24.11.1981, 2 BvC 1/81).
Aus grundsätzlichen demokratietheoretischen Erwägungen heraus könne man aber, so schrieb der Bürgerbeauftragte in seiner Antwort weiter, ideell durchaus die Sicht vertreten, dass es anzustreben sei, jedem Wahlberechtigten wenn irgend möglich auch die tatsächliche Möglichkeit der Wahl zu schaffen. Dies wäre im gegebenen Fall durch eine Änderung der Hauptsatzung der betreffenden Stadt zu bewerkstelligen, in der festgelegt ist, dass die Briefwahl bei der Wahl der Ortsteilräte nicht zur Anwendung kommt.
Mit Rücksicht auf die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung kann der Bürgerbeauftragte derlei aber nicht bewirken, denn äußeres Einwirken auf den kommunalen Willensbildungs- und Entscheidungsprozess ist nicht zulässig. Der Bürgerbeauftragte informierte den Bürger jedoch darüber, dass er selbst die Möglichkeit habe, Kontakt mit den im Stadtrat vertretenen Gruppierungen oder einzelnen Stadträten aufzunehmen, um für eine entsprechende Änderung der Hauptsatzung zu werben.