Thüringer Bürgerbeauftragter beim Treffen des Europäischen Netzwerkes der Ombudsstellen und Petitionsausschüsse (ENO) in Brüssel
Auf Einladung der europäischen Bürgerbeauftragten Emily O’Reilly nahm der Thüringer Bürgerbeauftragte, Dr. Kurt Herzberg, am 09. und 10. November 2023 an einer Konferenz des europäischen Netzwerkes der Bürgerbeauftragten (ENO) in Brüssel teil. Das Netzwerk fördert die Zusammenarbeit und den Austausch der Mitglieder, und zwar in den Angelegenheiten und Themen, die von gemeinsamem Interesse sind. So werden Entwicklungen erörtert, die europaweit verbreitet sind und nationale oder regionale Verwaltungen betreffen. Außerdem wird über Probleme gesprochen, die die EU-Verwaltung betreffen.
Im Mittelpunkt der diesjährigen Veranstaltung stand der Umgang mit aktuellen Herausforderungen in den Verwaltungen der EU und in den Mitgliedsländern. Eines der größten Probleme wird dabei in der Migration gesehen, insbesondere in der irregulären Migration nach Europa. Die erste Sitzung beschäftigte sich mit der Frage, wie die EU die Migrationsprozesse verwaltet und ob dabei genug für den Schutz der Grundrechte der Betroffenen getan wird. In der anschließenden Podiumsdiskussion wurde deutlich, dass die nationalen Bürgerbeauftragten der Mitgliedsländer teilweise sehr unterschiedlich mit diesen Themen konfrontiert werden. Einig zeigte man sich aber in der Beurteilung, dass eine gemeinsame europäische Asyl- und Migrationspolitik dringend notwendig ist.
Ein weiteres zentrales Thema war der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in öffentlichen Verwaltungen. Es zeigte sich, dass KI in einzelnen Ländern bereits in zahlreichen Bereichen Eingang gefunden hat und als potenziell vorteilhaft eingeschätzt wird. In der Diskussion beschrieben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aber wahrgenommene Risiken, wie z.B. das unbewusste Transportieren von Vorurteilen (Bias) durch die Algorithmen, was im Ergebnis nachteilige Entscheidungen der KI bedeuten kann, wobei die konkrete "Fehlerquelle" faktisch nicht mehr transparent nachvollzogen werden kann. Insoweit sei es wichtig, dass die menschliche Entscheidung - und damit auch die dementsprechende Verantwortung - im Prozess erhalten bleibt. Die digitale Transformation in den Verwaltungen müsse also so gestaltet werden, dass es im Sinne der Bürgerinnen und Bürger immer ein mögliches Korrektiv gibt.
Herzberg dazu: „Digitalisierung und KI in der öffentlichen Verwaltung sind dringend notwendig, um Effektivität und Geschwindigkeit der Prozesse zu erhöhen. Dabei muss aber immer die Frage der Qualität das entscheidende Kriterium sein. Der Mensch steht im Zentrum des Handelns der öffentlichen Verwaltung. Der Einsatz von KI hat den Bürgerinnen und Bürgern zu dienen - und nicht umgekehrt."
Die abschließende Sitzung beschäftigte sich mit Ethikstandards in öffentlichen Verwaltungen. In der Vergangenheit vereinzelt aufgetretene Korruptionsfälle innerhalb der EU führten zu der Frage, welche Ethikstandards überhaupt gelten, wie Korruption verhindert und wie Verstöße geahndet werden können. Die Bürgerbeauftragten berichteten hierzu über eigene Erfahrungen aus ihren jeweiligen Ländern. Insoweit wurde deutlich, dass sich der Zuständigkeitsbereich der einzelnen europäischen Bürgerbeauftragten teils sehr unterschiedlich gestaltet. So erstreckt sich dieser bei manchen auch auf den Schutz von sog. Whistleblowern (Hinweisgebern). Sie können somit auch bei der Korruptionsbekämpfung aktiv werden.
Herzberg wörtlich: „Die Konferenz bot neben der inhaltlich-fachlichen Arbeit auch wieder eine gute Gelegenheit, mit den Kolleginnen und Kollegen in direkten Austausch zu treten. Der Blick über die Ländergrenzen hinweg erweitert den eigenen Horizont und macht die Vielfalt der Arbeit der Bürgerbeauftragten deutlich.“