Übergabe des Tätigkeitsberichts des Thüringer Bürgerbeauftragten
„Unter Druck. Verwaltung und Bürger im Stresstest“
Tätigkeitsbericht des Bürgerbeauftragten an die Präsidentin des Thüringer Landtags, Birgit Pommer, übergeben
Der Bürgerbeauftragte des Freistaats Thüringen, Dr. Kurt Herzberg, hat heute seinen Tätigkeitsbericht für das Jahr 2022 an die Präsidentin des Thüringer Landtags, Birgit Pommer, übergeben. Im Thüringer Landtag stellte Herzberg den Bericht öffentlich vor.
Der Bericht ist mit dem Titel „Unter Druck - Verwaltung und Bürger im Stresstest“ überschrieben. Herzberg dazu wörtlich: „Für mich bringt der Titel einen sehr wichtigen Trend des Berichtsjahrs zum Ausdruck. Es verfestigt sich der Eindruck, dass in Thüringen der staatlichen Verwaltung bei abnehmenden Ressourcen die Aufgabenerfüllung immer schwerer fällt. Gleichzeitig geraten die Bürgerinnen und Bürger unter Druck, weil sie keine Gesprächstermine bekommen, direkte Ansprechpartner fehlen, die digitalen Barrieren nicht überwinden können oder Entscheidungen auf sich warten lassen. Mein Eindruck: Die Not des Amtes wird nicht selten zur Notlage für die Betroffenen.“
Im Berichtskapitel „Brennpunkte“ benennt der Bürgerbeauftragte besonders drängende Problembereiche. Herzberg kritisiert u.a., dass die Kita-Satzung einer Kommune höherrangiges Recht aushebelt und Gesundheitszeugnisse ohne Rechtsgrundlage abgefordert werden. Er erörtert die Probleme, die entstehen, wenn – wie am Beispiel der Erklärung zur Grundsteuer – Bürgerinnen und Bürger gezwungen sind, ausschließlich digital mit der Behörde zu kommunizieren. Außerdem wird an einem konkreten Fall der Frage nachgegangen, ob das iPad eines Schülers von den Eltern bezahlt werden muss, obwohl dessen Anschaffung allein deshalb erfolgt, weil die Schule als „Digitale Schule“ ein besonderes pädagogisches Konzept umsetzt. Schließlich bemängelt Herzberg überlange Bearbeitungszeiten bei der Feststellung von Schwerbehinderungen, weil offensichtlich medizinische Gutachter fehlen.
Herzberg dazu: „Mir ist wichtig, dass die Probleme gesehen werden. Nur dann können Landesregierung, Kommunen und Landtag in je eigener Verantwortung für Abhilfe sorgen.“
Herzberg weiter: „Der Bericht enthält aber nicht nur Kritik, sondern auch viele Einzelfälle, bei denen ich Auskunft geben, beraten und auch vermitteln konnte. So erinnere ich mich gerne an das Anliegen einer 90-jährigen Frau, die seit Monaten auf die Entscheidung zur Pflegestufe wartete und bei der wir schnell und unbürokratisch vermitteln konnten. Auch an das Anliegen des Fünftklässlers, wo die Schülerbeförderungskosten erst nach meiner Intervention übernommen wurden, denke ich gern. In diesen wie in vielen anderen Fällen habe ich komplizierte Konfliktlagen, aber immer wieder auch problembewusst und lösungsorientiert agierende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den betreffenden Behörden erlebt. Auch das ist für meine Arbeit wichtig.“
Im statistischen Teil des Berichts informiert der Bürgerbeauftragte darüber, dass in insgesamt 893 Anliegen die Bürgerinnen und Bürger um Unterstützung gebeten haben. Herzberg: „Die Konsolidierung der seit 2013 zu beobachtenden steigenden Entwicklung der Anzahl der Anliegen zeigt, wie wichtig dieses Angebot für die Menschen ist.“ Wie in den Vorjahren kommen auch in 2022 die meisten Anliegen aus dem sozialen Bereich, verzeichnen aber noch einmal eine Steigerung. Neu hinzu kamen in der zweiten Hälfte des Berichtsjahrs Anliegen, die in Bezug zur Energiekrise standen. Gaspreisbremse und Energiepauschale waren Themen, bei denen beim Bürgerbeauftragten Orientierung und Hilfe gesucht wurden.
886 Anliegen wurden in 2022 abgeschlossen. Dabei konnte der Bürgerbeauftragte in jedem 5. Fall das Problem im Sinne des Bürgers lösen. Hinzu kommen 24,9 Prozent, bei denen die erfragten Informationen gegeben werden konnten. Bei weiteren 16,7 Prozent wurde die Angelegenheit vom Bürgerbeauftragten aufgenommen und entweder direkt an die zuständige Stelle weitergeleitet (7,5 Prozent) oder dem Bürger wurde die zuständige Stelle benannt, an die er sich dann selbst wenden konnte (9,2 Prozent). Somit haben in über 60 Prozent der Anliegen die Bürger die erwartete Unterstützung und Hilfe erhalten.
Bei knapp 30 Prozent der Anliegen konnte der Bürgerbeauftragte dem Problem nicht unmittelbar abhelfen. Er prüfte aber den Sachverhalt und erläuterte den Bürgerinnen und Bürgern das Handeln der Verwaltung. Herzberg dazu: „Auch wenn sich das Behördenhandeln als richtig darstellt, tragen mein unabhängiges Prüfen und die Erklärungen zum Verständnis bei den Betroffenen bei – und nicht selten auch zur Akzeptanz des Verwaltungshandelns.“
Den Bericht finden Sie hier
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