Übernahme von Schülerbeförderungskosten auch beim Besuch des beruflichen Gymnasiums?
Auch in diesem Berichtszeitraum stand bei Fragen im Zusammenhang mit schulischen Angelegenheiten die Schülerbeförderung – vor allem aber die Frage der Übernahme der Beförderungskosten – wieder im Vordergrund.
Grundsätzlich besteht gemäß § 4 Abs. 5 des Thüringer Gesetzes über die Finanzierung der staatlichen Schulen (ThürSchulFG) ein Anspruch auf eine Übernahme der Beförderungskosten für die Benutzung von Schulbussen bzw. von öffentlichen Verkehrsmitteln, wenn die Länge des Schulweges zur nächstgelegenen, aufnahmefähigen staatlichen Schule, die dem Schüler den von ihm angestrebten Schulabschluss ermöglicht, mindestens 2 km (bei Schülern der Klassenstufen 1 bis 4) bzw. 3 km (bei Schülern ab der Klassenstufe 5) beträgt.
Fraglich im Zusammenhang mit dieser Regelung ist oft, welche Schule als Bezugspunkt bei der Berechnung der Schulweglänge heranzuziehen ist.
So hatte sich zum Beispiel eine Bürgerin an den Bürgerbeauftragten gewandt, da das zuständige Schulverwaltungsamt den Antrag auf Übernahme der Schülerbeförderungskosten abgelehnt hatte. Begründet wurde die Ablehnung damit, dass die nächstgelegene Schule ein staatliches Gymnasium und eben nicht das vom Sohn der Bürgerin besuchte berufliche Gymnasium sei. Denn der von dem Schüler angestrebte Schulabschluss sei das Abitur und dieses könne er auch an dem staatlichen Gymnasium am Ort erlangen. Die Entfernung zwischen der Wohnung der Bürgerin und diesem Gymnasium beträgt weniger als 3 km.
Allerdings war die Entscheidung des Schulverwaltungsamtes für die Bürgerin nicht nachvollziehbar, da Fächer wie Volks- und Betriebswirtschaftslehre, Wirtschaftsgeografie, Berufsinformatik oder „10-Finger-Schreiben“ nur am beruflichen Gymnasium und eben nicht am staatlichen Gymnasium unterrichtet würden. Das erreichbare und angestrebte Abitur liege somit über dem Niveau des „normalen“ Abiturs.
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Lösungsansatz und Ergebnis
Zu der grundsätzlichen Frage in diesem Zusammenhang – der Vergleichbarkeit des Abiturs mit beruflicher Teilqualifikation mit dem „normalen“ Abitur - hat der Bürgerbeauftragte eine Stellungnahme des Thüringer Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport (TMBJS) eingeholt.
Nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 ThürSchulFG besteht der Anspruch auf Schülerbeförderung ausdrücklich auch für Schüler des beruflichen Gymnasiums. Allerdings besteht auch hier die Erstattungspflicht nur für die kürzeste Wegstrecke zwischen der Wohnung des Schülers und der nächstgelegenen, aufnahmefähigen staatlichen Schule, die dem Schüler den von ihm angestrebten Schulabschluss ermöglicht.
Denn: Das System der Schülerbeförderung stellt nach der derzeit geltenden Rechtslage grundsätzlich auf den angestrebten Schulabschluss ab. Das Thüringer Schulgesetz benennt sowohl für das Gymnasium (§ 4 Abs. 7 Satz 3 Thüringer Schulgesetz - ThürSchulG) wie auch für das berufliche Gymnasium (§ 8 Abs. 7 Satz 1 ThürSchulG) die allgemeine Hochschulreife als erreichbaren Abschluss. Die teilweise durchaus unterschiedlichen Lerninhalte der einzelnen Bildungsgänge sind jedoch im Rahmen der Prüfung des Anspruchs auf Schülerbeförderung nicht zu prüfen, da es nur auf den angestrebten Schulabschluss ankommt. Hinzu kommt, dass der Besuch des beruflichen Gymnasiums anstatt des regulären Gymnasiums auf die durch das Abitur erworbene grundlegende Berechtigung des Schülers, ein Hochschulstudium zu absolvieren bzw. eine Berufsausbildung zu beginnen, keinen Einfluss hat. Es kann zwar mit Blick auf Berufs- oder Studienwünsche sinnvoll sein, ein berufliches Gymnasium zu besuchen. Diese persönlichen Interessen erscheinen aber im Bereich der Schülerbeförderung nicht so gewichtig, um sie kostenseitig auf die Allgemeinheit umzulegen.
Auch konnte vom TMBJS die Aussage der Bürgerin, dass das zu erreichende Abitur am beruflichen Gymnasium über dem Niveau des „normalen“ Abiturs liege, nicht bestätigt werden. Das berufliche Gymnasium mit der Fachrichtung Wirtschaft führt ebenso wie das „normale“ Gymnasium zur Allgemeinen Hochschulreife.
Im Ergebnis dessen war die Entscheidung des Schulverwaltungsamtes nicht zu beanstanden.