Anlieger einer Straße – verantwortlich für ‚fremden‘ Grund und Boden und viel Arbeit
Wer Eigentümer eines Grundstückes ist, das an einer öffentlichen Straße anliegt, hat mitunter gut zu tun: Übers Jahr muss regelmäßig der Gehweg gekehrt und der Kehricht entsorgt werden – im Winterhalbjahr gilt es, den Schnee zu räumen und gegen Glätte zu streuen, beides oft in aller Frühe. Das ist mitunter ziemlich lästig. So fragt sich mancher: „Bin ich als Anlieger wirklich für diese Arbeiten zuständig? Schließlich gehören mir weder Straße noch Gehweg!“
Ja – wenn die Gemeinde, in der man wohnt, die genannten Reinigungspflichten durch eine Satzung auf die Anlieger übertragen hat!
Rechtsgrundlage dafür ist das Thüringer Straßengesetz (ThürStrG). Es regelt die Rechtsverhältnisse der öffentlichen Straßen und vor allem auch die sog. Straßenbaulast. Sie umfasst alle mit dem Bau und der Unterhaltung der Straße zusammenhängenden Aufgaben. Träger der Straßenbaulast sind die Gemeinden, die Landkreise oder das Land Thüringen – je danach, um welche Kategorie ‚Straße‘ (Gemeinde-, Kreis- oder Landesstraße) es sich handelt. Deshalb sind auch sie für die genannten Arbeiten verantwortlich. Das ThürStrG sagt dann jedoch weiter ganz klar: Zu diesen Aufgaben gehören aber nicht das Schneeräumen, das Streuen bei Schnee- oder Eisglätte, die Reinigung und die Beleuchtung.
Konkreter wird es dann in § 49 ThürStrG: Danach haben die Gemeinden zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung alle öffentlichen Straßen innerhalb der geschlossenen Ortslage zu reinigen. Die Reinigungspflicht umfasst auch die Verpflichtung, die Gehwege und Überwege für Fußgänger vom Schnee zu räumen und bei Schnee- und Eisglätte zu streuen. Soweit – so gut. Doch dann bestimmt das Gesetz:
„Die Gemeinden sind jedoch berechtigt, diese Verpflichtung durch ➤ Satzung ganz oder teilweise den Eigentümern oder Besitzern der durch öffentliche Straßen erschlossenen Grundstücke aufzuerlegen oder sie zu den entsprechenden Kosten heranzuziehen.“
Hat also eine Kommune von dieser Ermächtigung zum Satzungserlass Gebrauch gemacht, ist der Anlieger für die Erledigung der genannten Arbeiten auf dem öffentlichen Grund und Boden verantwortlich. Meistens ist ein Verstoß gegen diese Verpflichtung sogar bußgeldbewehrt, d.h., wer seinen Pflichten als Anlieger nicht ordentlich nachkommt, riskiert, wegen einer Ordnungswidrigkeit belangt zu werden.
Wichtig: Die Ermächtigung des ThürStrG zur Übertragung der Reinigungspflicht bezieht sich aber nur auf Reinigungsarbeiten, also die Beseitigung von nicht auf eine Straße/einen Gehweg gehörenden Stoffen. Mäh- oder Grünschnittarbeiten auf straßennahen kommunalen Flächen sind demgegenüber Pflegearbeiten. Diese dürfen nicht auf die Anlieger übertragen werden, sondern müssen von der Gemeinde selbst erledigt werden! Leider hatte eine Gemeinde in ihrer Satzung aber genau diese Pflegearbeiten den Bürgern übertragen. Nach der Intervention des Bürgerbeauftragten wurde die Satzung in diesem Punkt geändert. Die Anwohner, die sich an den Bürgerbeauftragten gewandt hatten, waren froh, nun nicht mehr Hecken schneiden und Unkraut beseitigen zu müssen.
(Stand: Januar 2016)