Einsichtiger Zweckverband – rückwirkende Korrektur bestandskräftiger Gebührenbescheide erreicht!
Eine Rentnerin tat sich schwer mit ‚offizieller‘ Post: die Angst vor ‚schlechten‘ Nachrichten oder Zahlungsforderungen und Schwierigkeiten beim Verständnis hatten bei ihr zu einer inneren Haltung geführt, aus der heraus sie solcherlei Schreiben und deren Inhalt verdrängte und erforderliches Tätigwerden unterließ. So ging es auch mit einem Bescheid über eine Beitragsforderung eines Abwasserzweckverbandes. Da die Bürgerin in Anbetracht ihrer ‚Berührungsängste‘ den Bescheid zur Seite gelegt und auch keinen Widerspruch eingelegt hatte, wurde der Verwaltungsakt bestandskräftig, ohne dass Zahlungen erfolgten. Den daraufhin ergehenden Mahnungen des Zweckverbandes erging es wie dem Beitragsbescheid: sie blieben ohne weitere Veranlassung schlichtweg liegen. So kam über die Zeit mit der eigentlichen Beitragsforderung, den Mahngebühren und den Säumniszuschlägen eine erkleckliche offene Summe zusammen. Als der Zweckverband dann schlussendlich eine Kontopfändung veranlasste, wurde sich die Bürgerin (endlich) ihrer – nun prekären - Lage bewusst und schloss mit dem Zweckverband eine Ratenzahlungsvereinbarung ab.
In der Folgezeit stellte sich dann heraus, dass der Zweckverband die von der Bürgerin zu entrichtenden Gebühren für die Beseitigung von Niederschlagswasser auf Grund einer zu hoch angesetzten Flächengröße des Grundstücks der Bürgerin seit 2008 falsch berechnet hatte. In Anbetracht der geringen Höhe ihrer Rente strebte die Bürgerin deshalb ausdrücklich eine kulanzweise Verrechnung der zu viel gezahlten Gebühren mit der noch offenen Beitragssumme an.
Dies, so schilderte die Bürgerin dem Bürgerbeauftragten, verweigere der Zweckverband jedoch mit der Begründung, dass die (falschen) Gebührenbescheide bestandskräftig seien. „Es kann doch nicht sein, dass Bestandskraft vor inhaltlicher Richtigkeit und Gerechtigkeit geht!“ empörte sich die Rentnerin.
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Lösungsansatz und Ergebnis
Mit Recht! Denn das Argument der Bestandskraft der jeweiligen Gebührenbescheide mochte zwar formal zutreffend sein. Aber auch im Kommunalabgabenrecht besteht in solchen Konstellationen (selbstverständlich) die Möglichkeit der Korrektur durch Erlass eines Erstattungsbescheides. Rechtliche Grundlage hierfür ist § 15 Abs. 1 Nr. 2. b) ThürKAG i.V.m. § 37 der Abgabenordnung bzw. § 15 Abs. 1 Nr. 3. b) i.V.m. § 130 der Abgabenordnung. Daher bat der Bürgerbeauftragte den Zweckverband sehr nachdrücklich darum, seine bisherige Position unter Berücksichtigung der genannten rechtlichen Vorgaben zu überdenken. Mit Erfolg: Der Zweckverband ermittelte nun die korrekte gebührenpflichtige Fläche und nahm eine rückwirkende Korrektur der Gebührenforderungen für die letzten Jahre vor, die er – wie von der Bürgerin erstrebt – mit der noch offenen Beitragsforderung verrechnete.
Durch das Engagement des Bürgerbeauftragten konnte dem Anliegen der Bürgerin abgeholfen werden, worüber sich die Rentnerin sehr freute!
(Stand: Januar 2016)