Straßenausbaubeiträge – auch bei nur punktueller Anliegereigenschaft?
Ein Bürger, der erst vor kurzem einen Straßenausbaubeitragsbescheid erhalten hatte, hatte sich mit Fragen zur ihm gegenüber erfolgten Beitragserhebung an den Bürgerbeauftragten gewandt. Dabei waren der Ausbau der Fahrbahn, des Gehweges und der Oberflächenentwässerung abgerechnet worden. Vor allem ging der Bürger davon aus, dass sein Grundstück gar nicht oder nur unerheblich an der ausgebauten Straße anliege. Vielmehr werde sein Grundstück über eine benachbarte Gasse erschlossen.
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Lösungsansatz und Ergebnis
Im Rahmen seiner Recherchen stellte der Bürgerbeauftragte nach Rücksprache mit der Gemeinde fest, dass das Grundstück des Bürgers tatsächlich nur punktuell, also wirklich nur mit einer Ecke, an der ausgebauten Straße anliegt. Dies reichte für die gegenüber dem Bürger erfolgte Beitragserhebung aber nicht aus.
Denn wesentliches rechtliches Merkmal von Straßenausbaubeiträgen ist es, dass sie von den Grundstückseigentümern schon dann und schon dafür erhoben werden, dass der Grundstückseigentümer die bloße Möglichkeit hat, von der öffentlichen Anlage – vorliegend der ausgebauten Straße - zu profitieren und einen Nutzen zu ziehen. Anknüpfungspunkt ist bei den Beiträgen somit nicht die tatsächliche Nutzung (also beispielsweise die tatsächliche Nutzung von im Rahmen von Straßenausbaumaßnahmen geschaffenen Parkbuchten durch den Grundstückseigentümer), sondern der vermutete Vorteil, der sich aus dem bloßen Bestehen einer öffentlichen Einrichtung – vorliegend einer Straße – und der Möglichkeit, diese für das Grundstück zu nutzen, für einen bestimmten Personenkreis ergibt.
Das bedeutet: Für das Bestehen der Beitragspflicht reicht es aus, wenn das betreffende Grundstück an der ausgebauten Straße anliegt. Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom „Erschlossen-Sein“ eines Grundstückes. Maßgebend für den Begriff des Beitrages ist insoweit der Gesichtspunkt der Gegenleistung: Das Gemeinwesen stellt eine öffentliche Einrichtung bzw. Anlage zur Verfügung und derjenige, der von der Möglichkeit ihrer Nutzung in Bezug auf sein Grundstück einen besonderen wirtschaftlichen Nutzen (den sog. beitragsrelevanten Vorteil) hat, soll auch zu den Kosten ihrer Errichtung beitragen.
Allerdings bedarf es für die notwendige räumliche Beziehung zwischen Straße und Grundstück einer hinreichenden Mindestbreite der Zugangsmöglichkeit zum Grundstück. Diese nötige Mindestbreite ist nicht erreicht, wenn das Grundstück (wie bei dem Grundstück des Bürgers der Fall) nur mit einem Eckpunkt an die Straße stößt. Abgesehen davon, dass eine solche nur punktuelle Verbindung des Grundstücks mit der Straße schon faktisch keinen gesicherten Zutritt zum Grundstück ermöglicht, ist es jedenfalls für Baugrundstücke darüber hinaus erforderlich, dass die an die Straße angrenzende Seite mindestens eine Breite aufweist, die den jeweiligen landesrechtlichen Anforderungen des Bauordnungsrechts genügt. Denn gemäß § 4 Abs. 1 der Thüringer Bauordnung dürfen Gebäude nur errichtet werden, „(…) wenn das Grundstück in angemessener Breite an einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche liegt oder wenn das Grundstück eine befahrbare, öffentlich-rechtlich gesicherte Zufahrt zu einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche hat (…).“
Da durch das lediglich punktuelle „Anstoßen“ der Grundstücksecke keine Beitragspflicht für das Grundstück des Bürgers ausgelöst werden konnte, hob die Gemeinde auf Vorschlag des Bürgerbeauftragten den erlassenen Bescheid auf und erstattete den bereits gezahlten Beitrag.
Zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger, die wir beraten, behalten wir uns vor, bei den geschilderten Fällen auf Namen und Ortsangaben zu verzichten oder sie so abzuwandeln, dass eine Identifikation ausgeschlossen werden kann. Zur besseren Verständlichkeit verzichten wir auf eine exakte Darlegung der Rechtslage, sind aber gerne bereit, diese auf Nachfrage zu erläutern.