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  • Dr. K. Herzberg an seinem Schreibtisch

    Dr. Kurt Herzberg, Bürgerbeauftragter des Freistaats Thüringen

    Foto: V. Hielscher
  • Kind sitzt auf dem Fußweg, Kopf gebeugt, Schulranzen steht daneben

    Unterrichtsausfall - auch in Thüringen ein großes Problem

    Foto: Anne Garti/pixelio.de
  • Auto liegt auf Dach, Feuerwehr und Krankenwagen stehen daneben

    Ehrung für Lebensretter

    Foto: Erich Kasten
  • Der Bürgerbeauftragte im Gespräch

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Kein Kindergartenplatz ohne vorgeschriebene Impfung - zu Recht?

Eine Mutter, die ihr Kind nicht gegen Masern impfen lassen wollte und daher aufgrund der Bestimmungen des neuen Masernschutzgesetzes keine Aussicht auf einen Kindergartenplatz hatte, sah sich hierdurch erheblich benachteiligt. Sie befürchtete, sich selbst weiter um die Betreuung kümmern zu müssen und so nach über 20 Jahren Betriebszugehörigkeit arbeitslos zu werden. Vor diesem Hintergrund bat sie den Bürgerbeauftragten um Prüfung, ob das neue Gesetz zur Masernimpfpflicht überhaupt mit dem Recht auf einen Betreuungsplatz im Einklang stünde. 

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Lösungsansatz und Ergebnis

Jedes Kind in Deutschland hat grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf einen Kita- bzw. Betreuungsplatz. Dies ist im Sozialgesetzbuch Achtes Buch – § 24 SGB VIII – so geregelt.

Die Einführung der Masernimpfpflicht ist ebenfalls eine bundesrechtliche Angelegenheit. Der Deutsche Bundestag hat im November 2019 das entsprechende „Gesetz für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention (Masernschutzgesetz)“ beschlossen. Am 1. März 2020 ist es in Kraft getreten. Mit dem Gesetz erfolgte eine Änderung des bereits geltenden Infektionsschutzgesetzes in Form der Ergänzung des § 20 um die Absätze 8 – 14.

Die Notwendigkeit dieser Gesetzesänderung, der zufolge Personen, die in einer Gemeinschaftseinrichtung (oder auch Kindertagespflege) betreut werden, zukünftig ausreichenden Impfschutz gegen Masern bzw. Immunität dagegen aufweisen müssen, hat die Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf unter anderem damit begründet, dass die Masern zu den ansteckendsten Infektionskrankheiten des Menschen zählen, die Krankheit in der Regel schwer verläuft und Komplikationen und Folgeerkrankungen nach sich ziehen. Da eine große Anzahl von Kindern, Jugendlichen und auch Erwachsenen in Deutschland nicht durch eine Impfung geschützt ist, können die Masern damit weiter zirkulieren und es kommt immer wieder zu Ausbrüchen. Im Jahr 2017 hat die WHO Deutschland als ein Land mit einheimischer Masernverbreitung eingestuft. Allein bis Ende Mai 2019 wurden dem Robert Koch-Institut bereits 420 Masernfälle in Deutschland für das Jahr 2019 gemeldet. Darin sah der Gesetzgeber eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Gesundheit, der mit weiterführenden Maßnahmen begegnet werden müsse.

Zur Prävention stehen gut verträgliche hochwirksame Impfstoffe zur Verfügung, die eine langfristige Immunität vermitteln. Impfungen schützen nicht nur das Individuum gegen die Erkrankung. Impfungen verhindern gleichzeitig die Weiterverbreitung der Krankheit in der Bevölkerung, wenn die erreichte Immunität durch Impfungen in der Bevölkerung hoch genug ist (Gemeinschaftsschutz). Bereits seit dem Jahr 1984 verfolgen die Mitgliedstaaten der europäischen Region der Weltgesundheitsorganisation (WHO) das Ziel der schrittweisen Eliminierung und schließlich weltweiten Ausrottung der Masern. Um die Zirkulation von Masern zu verhindern, ist bei mindestens 95 Prozent der Bevölkerung Immunität erforderlich. Deutschland hatte die entsprechenden Impfquoten bislang nicht erreicht und auch die bisherigen Maßnahmen zur Stärkung der Impfbereitschaft griffen nicht in ausreichendem Maße durch.

Ziel des Gesetzes ist es daher, einen besseren individuellen Schutz insbesondere von vulnerablen Personengruppen sowie einen ausreichenden Gemeinschaftsschutz vor Maserninfektionen zu erreichen. Der Fokus liegt hierbei insbesondere bei Personen, die regelmäßig in Gemeinschafts- und Gesundheitseinrichtungen mit anderen Personen in Kontakt kommen. Damit sollen vor allem auch jene Personen von einem Gemeinschaftsschutz profitieren, die auf Grund ihrer gesundheitlichen Verfassung eine Schutzimpfung nicht in Anspruch nehmen können. Durch eine deutliche Steigerung der Impfquoten in Deutschland könne, so die Vorstellung des Gesetzgebers, mittelfristig auch die Elimination der Masern in Deutschland und das von der WHO vorgegebene globale Ziel der Masernelimination erreicht werden.

Zu dem von der Bürgerin problematisierten Spannungsverhältnis zwischen dem gesetzlichen Anspruch auf einen Kita-Platz einerseits und dessen ggf. fehlender Inanspruchnahmemöglichkeit wegen fehlenden Impfschutzes andererseits stellte der Bürgerbeauftragte fest:

Der öffentliche Träger erfüllt den gegen ihn gerichteten Anspruch auf Förderung in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege (§ 24 SGB VIII) durch den Nachweis eines bedarfsgerechten Betreuungsplatzes in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.10.2017 – 5 C 19.16). Wenn der Träger der öffentlichen Jugendhilfe einen bedarfsgerechten Betreuungsplatz nachweist, wird der Anspruch bereits durch diesen Nachweis erfüllt. Wird ein zumutbarer Betreuungsplatz abgelehnt, so verliert der Anspruchsinhaber seinen Anspruch hierauf.

Dies gilt auch im Fall einer Nicht-Wahrnehmung eines Platzes auf Grund des durch die aktuelle Gesetzesänderung geregelten Aufnahmeverbots für nicht geimpfte Kinder. Denn es ist gerade Sinn und Zweck der vom Bundestag beschlossenen Regelung, einen ausreichenden Gemeinschaftsschutz vor Maserninfektionen zu erreichen, wobei der Fokus insbesondere bei Personen liegt, die regelmäßig in Gemeinschaftseinrichtungen mit anderen Personen in Kontakt kommen, weshalb ungeimpften Kindern dies nicht mehr möglich sein soll. Aus diesem Grund ist auch die Kindertagespflege in den Geltungsbereich des Masernschutzgesetzes einbezogen.

Der Bürgerbeauftragte erläuterte der Bürgerin die Hintergründe des Gesetzes und die bestehende Rechtslage. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass, soweit ihr Kind weiterhin ungeimpft bliebe, zunächst nur eine individuell organisierte und finanzierte Einzelbetreuung in Betracht käme. Schließlich machte er die Bürgerin auf die Möglichkeit aufmerksam, sich im Wege einer Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die gesetzliche Regelung wenden zu können. Zwischenzeitlich sind sowohl Eltern als auch Ärzte diesen Schritt gegangen, so dass die Rechtsfrage, ob und inwieweit die Masernimpfpflicht verfassungskonform ist, beim Bundesverfassungsgericht ohnehin anhängig ist.

Nachtrag: Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 11.05.2020 die Eilanträge gegen die Regelungen des Infektionsschutzgesetzes zum Nachweis einer Masernschutzimpfung abgelehnt. Link: 

www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/bvg20-036a.html;jsessionid=9520691CBE07B73C2836243D0D0DC230.1_cid383

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