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  • Dr. K. Herzberg an seinem Schreibtisch

    Dr. Kurt Herzberg, Bürgerbeauftragter des Freistaats Thüringen

    Foto: V. Hielscher
  • Kind sitzt auf dem Fußweg, Kopf gebeugt, Schulranzen steht daneben

    Unterrichtsausfall - auch in Thüringen ein großes Problem

    Foto: Anne Garti/pixelio.de
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    Ehrung für Lebensretter

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Straßenausbau vor 20 Jahren und jetzt kommt die Beitragsforderung dafür – muss man das bezahlen?

Mit dieser Frage wenden sich immer wieder Bürger hilfesuchend an den Bürgerbeauftragten und melden Zweifel an der Rechtmäßigkeit der geltend gemachten Beitragsforderung an. „Das kann doch so nicht richtig sein, das ist doch verjährt!“ bricht es aus den Betroffenen hervor und sie machen geltend, dass man als Bürger doch irgendwann einmal darauf vertrauen können müsse, „dass da nun nichts mehr kommt“. 

Die Antwort auf die eingangs aufgeworfene Frage lautet aber:"unter Umständen, ja", und zwar aus folgenden Gründen:

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Lösungsansatz und Ergebnis

Beiträge sind vom Bürger zu leistende öffentlich-rechtliche Geldleistungen, die dem (teilweisen) Ersatz des Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung oder Erneuerung öffentlicher Einrichtungen oder Anlagen von allgemeinem Nutzen (z. B. Kläranlage, Abwasserkanal, Wasserleitung, öffentliche Straßen, Wege und Plätze) dienen. Diese Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung oder Erneuerung von Infrastrukturanlagen mit einem Standard, der den Bedürfnissen einer modernen Gesellschaft und den Anforderungen des Umweltrechtes entspricht, ist mit meist erheblichen Kosten verbunden. Für diesen Finanzierungsaufwand treten die Gemeinden bzw. Zweckverbände in der Regel in Vorleistung, d. h. sie finanzieren die nötigen Arbeiten zunächst.

Jedoch können die Kosten ohne eine angemessene Beteiligung der Bürger nicht abgedeckt werden. Weil die genannten Maßnahmen an den öffentlichen Einrichtungen und Anlagen (öffentliche Infrastruktur) nun aber nur jeweils einen bestimmten abgegrenzten und abgrenzbaren Personenkreis (z. B. die Eigentümer von Grundstücken, die an einer ausgebauten oder mit einer Trinkwasser- oder Kanalleitung versehenen Straße anliegen) unmittelbar betreffen und diesen „bevorteilen“, soll sich auch nur dieser Personenkreis an den Kosten beteiligen. Zu Beiträgen für eine bestimmte Maßnahme werden daher jeweils nur bestimmte Personen durch Beitragsbescheid herangezogen.

Wesentliches rechtliches Merkmal von Beiträgen ist es, dass sie von den Grundstückseigentümern schon dann und schon dafür erhoben werden, dass der Grundstückseigentümer die bloße Möglichkeit hat, von der öffentlichen Anlage zu profitieren und einen Nutzen zu ziehen. Anknüpfungspunkt ist bei den Beiträgen somit nicht die tatsächliche Nutzung (also z.B. tatsächliche Nutzung von Abwasserentsorgungsanlagen oder im Rahmen von Straßenausbaumaßnahmen geschaffenen Parkbuchten durch den Grundstückseigentümer), sondern der vermutete Vorteil, der sich aus dem bloßen Bestehen einer bestimmten öffentlichen Einrichtung und der Möglichkeit, diese für das Grundstück zu nutzen, für einen bestimmten Personenkreis ergibt.

Allgemeine rechtliche Grundlage für die Erhebung der Straßenausbaubeiträge ist zunächst das Thüringer Kommunalabgabengesetz (ThürKAG). Für die Beitragserhebung im konkreten Einzelfall ist die von der Stadt/Gemeinde erlassene örtliche Satzung entscheidend.

Ob die Kommune diese Beiträge von den Bürgern fordert oder nicht, ist ihr nicht freigestellt. Vielmehr hat der Landesgesetzgeber die Beitragserhebung als Regelfall verpflichtend vorgesehen. Nur unter eng begrenzten Voraussetzungen kann die Kommune ausnahmsweise von der Beitragserhebung absehen, z. B. wenn die finanzielle Situation der Kommune dauerhaft so günstig ist, dass sie ohne Verletzung der Grundsätze zur Einnahmebeschaffung auf eine Beitragserhebung verzichten kann.

Wenn eine Gemeinde für eine in der Vergangenheit liegende Maßnahme Beiträge erheben möchte, darf sie das jedoch nicht nach Belieben tun. Denn auch das Vertrauen der Bürger, für eine abgeschlossene Maßnahme ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr rückwirkend mit Beitragsforderungen konfrontiert zu werden, ist rechtlich geschützt. Hier gilt das Thüringer Kommunalabgabengesetz in Verbindung mit der Abgabenordnung. Danach darf eine Gemeinde eine Beitragsforderung nicht mehr mit einem Bescheid geltend machen, wenn seit Ende des Kalenderjahres, in dem die Beitragsforderung entstanden ist, vier Jahre vergangen sind (§§ 169 Abs. 2, 170 Abs. 1 Abgabenordnung [AO]). Es gibt also eine Verjährung, aber: Als „entstanden“ gilt die Beitragsforderung erst dann, wenn die sogenannte ‚sachliche Beitragspflicht‘ gegeben ist. Diese wiederum entsteht nach § 7 Abs. 6 ThürKAG mit Beendigung der beitragspflichtigen Maßnahme bzw. wenn die letzte Rechnung zu dieser Maßnahme im zuständigen Amt eingegangen ist und wenn eine gültige Satzung vorliegt.

Und genau die letztgenannte Voraussetzung, nämlich das Vorliegen einer rechtsgültigen Satzung ist oftmals der Knackpunkt. Denn der Zeitpunkt, in dem diese vorliegt, kann zeitlich oft weit nach Abschluss der Maßnahme liegen. Mehrere Konstellationen sind hier denkbar:

  1. Die Gemeinde hat sich erst sehr spät dafür entschieden, einmalige Straßenausbaubeiträge zu erheben, sodass eine hierfür erforderliche Satzung erst weit nach Abschluss der Maßnahme erlassen wurde. 
  2. Die Gemeinde hat wiederkehrende Straßenausbaubeiträge erhoben. Über wiederkehrende Beiträge können allerdings nur Maßnahmen abgerechnet werden, die nach Erlass der Satzung abgeschlossen worden sind. Erst mit Verabschiedung des 7. Gesetzes zur Änderung des ThürKAG im Jahr 2011 konnten darüber hinaus auch für Maßnahmen, die vor Erlass der Satzung abgeschlossen wurden, einmalige Beiträge erhoben werden, wovon Gemeinden ggf. Gebrauch gemacht haben. Eine hierfür erforderliche Satzung über einmalige Straßenausbaubeiträge wäre bei dieser Konstellation erst nach dem Jahr 2011 verabschiedet worden und in Kraft getreten. 
  3. Die Gemeinde hatte eine Satzung, welche sich später aufgrund von Mängeln als fehlerhaft und damit ggf. als nichtig herausgestellt hat. Diese fehlerbehaftete Satzung konnte dann auch nicht das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht begründen. Diese trat erstmalig vielmehr mit dem Erlass einer zum Teil Jahre später erlassenen rechtsgültigen Satzung ein, sodass auch die 4-jährige Festsetzungsverjährungs-frist erst im Anschluss an das In-Kraft-Treten der neuen Satzung zu laufen begann.

Im Ergebnis dieser verschiedenen, dem Grunde nach allesamt möglichen Ausgangslagen kann es beispielsweise zu der Konstellation kommen, dass eine Maßnahme im Jahr 1995 abgeschlossen wurde und eine rechtsgültige Satzung erst im Jahr 2013 vorlag, sodass die Festsetzungsverjährung nicht vor dem 31.12.2017 eingetreten ist. Soweit ein Bürger also in diesem Fall noch im September 2017 für die Maßnahme aus dem Jahr 1995 einen Straßenausbaubeitragsbescheid erhalten haben sollte, wäre diese Forderung noch nicht verjährt. Deutlich wird hier aber auch: es handelt sich um sehr komplexe Sachverhalte.

Welche Konstellation in Ihrem Fall vorliegt oder ob zum Zeitpunkt der Beitragserhebung ggf. doch bereits Festsetzungsverjährung eingetreten ist oder nicht, kann nur unter Berücksichtigung der Umstände im jeweiligen Einzelfall beurteilt werden.

Sollten Sie betroffen sein und hierzu Fragen haben, sprechen Sie uns an!

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