Wer bekommt die Corona-Einmalzahlung in Bedarfsgemeinschaften?
„Wir leben doch in einer Bedarfsgemeinschaft. Warum erhält nur meine Frau die Einmalzahlung aus Anlass der COVID-19-Pandemie?“ Mit dieser Frage hatte sich ein Ehepaar im August 2022 an den Bürgerbeauftragten gewandt. Die Ehefrau stand im SGB II-Leistungsbezug. Der Ehemann erhielt eine Erwerbsminderungsrente. Im Juli 2022 erhielt die Ehefrau einen Bescheid vom Jobcenter über die Gewährung einer Einmalzahlung nach § 73 SGB II (=200 €). Hierüber war der Ehemann sehr erstaunt und stellte sich die Frage, warum die Einmalzahlung nur seine Frau erhalten hat, gehört er doch ebenfalls der Bedarfsgemeinschaft an.
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Lösungsansatz und Ergebnis:
Alle Menschen, die in Deutschland leben, haben einen Anspruch auf eine materielle Mindestsicherung, wenn sie die Kosten für ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen bestreiten können. Als Lebensunterhalt bezeichnet man alles das, was zum Leben gebraucht wird, z. B. Essen und Trinken, Wohnung und Heizung, aber auch Bekleidung, Hausrat und alle anderen Dinge des täglichen Lebens.
Das Arbeitslosengeld II ist eine Leistung zum Lebensunterhalt nach dem SGB II, das die Grundsicherung für Arbeitsuchende betrifft. Es handelt sich um steuerfinanzierte Fürsorgeleistungen, für die keine (Versicherungs-)Beiträge gezahlt werden mussten. Daher ist die Leistung nachrangig gegenüber den eigenen Möglichkeiten.
Das bedeutet: Grundsicherungsleistungen erhalten nur diejenigen, deren Einkünfte nicht ausreichen, den Lebensunterhalt zu decken (sog. Nachrangprinzip). Festgestellt wird dies in mehreren Schritten: Zuerst wird der Bedarf ermittelt, also wieviel Geld jemand zum Leben braucht. Diesem Bedarf wird das Einkommen (Renten, auch ausländische Renten) und Vermögen gegenübergestellt (=Bedürftigkeitsprüfung). Wenn der Bedarf im Ergebnis dieser Gegenüberstellung nicht vollständig durch das zu berücksichtigende Einkommen gedeckt wird, besteht insoweit ein Leistungsanspruch in Höhe der Differenz.
Bei der Feststellung des Leistungsanspruchs wird (außer bei alleinstehenden Personen) von der Bedarfsgemeinschaft ausgegangen. In der Bedarfsgemeinschaft werden im Grundsatz alle Personen zusammengefasst, die in einer "Einstands- und Wirtschaftsgemeinschaft" zusammenleben. Dies gilt sowohl bei der Feststellung des jeweiligen Bedarfs zur Sicherung des Lebensunterhalts als auch bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit. Deshalb wird nicht nur das Einkommen und Vermögen des Leistungsbeziehers berücksichtigt, sondern auch das Einkommen und Vermögen anderer Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft. Zur Bedarfsgemeinschaft gehört neben dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten u. a. der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte (vgl. § 7 Abs. 3 SGB II). Wichtig: Bedarfsgemeinschaft bedeutet hier nicht, dass alle Mitglieder auch leistungsberechtigt im Sinne des SGB II sind.
So ist es auch hier. Denn nur die Ehefrau steht im SGB II-Leistungsbezug. Allerdings bildet sie aufgrund der Vorschriften des § 7 SGB II mit ihrem Ehemann eine Bedarfsgemeinschaft. Das bedeutet, dass bei der Ermittlung des Bedarfs der Ehefrau zur Sicherung des Lebensunterhaltes das Einkommen (hier die EU-Rente vom Ehemann) mit berücksichtigt werden muss.
Die Einmalzahlung zum Ausgleich der mit der COVID-19-Pandemie in Zusammenhang stehenden Mehraufwendungen in Höhe von 200 Euro war für Leistungsberechtigte, die für den Monat Juli 2022 Anspruch auf Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld hatten (§ 73 SGB II).
Um einen Anspruch auf diese Einmalzahlung zu haben, müssen also die Betroffenen zum einen leistungsberechtigt sein und zum anderen im Monat Juli 2022 im SGB II-Leistungsbezug stehen.
Diese beiden Voraussetzungen wurden vorliegend nur von der Ehefrau erfüllt, deswegen hatte auch nur sie den Anspruch auf diese Einmalzahlung.
Zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger, die wir beraten, behalten wir uns vor, bei den geschilderten Fällen auf Namen und Ortsangaben zu verzichten oder sie so abzuwandeln, dass eine Identifikation ausgeschlossen werden kann. Zur besseren Verständlichkeit verzichten wir auf eine exakte Darlegung der Rechtslage, sind aber gerne bereit, diese auf Nachfrage zu erläutern.