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  • Dr. K. Herzberg an seinem Schreibtisch

    Dr. Kurt Herzberg, Bürgerbeauftragter des Freistaats Thüringen

    Foto: V. Hielscher
  • Kind sitzt auf dem Fußweg, Kopf gebeugt, Schulranzen steht daneben

    Unterrichtsausfall - auch in Thüringen ein großes Problem

    Foto: Anne Garti/pixelio.de
  • Auto liegt auf Dach, Feuerwehr und Krankenwagen stehen daneben

    Ehrung für Lebensretter

    Foto: Erich Kasten
  • Der Bürgerbeauftragte im Gespräch

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Vollzeitpflege durch Großeltern - gibt es staatliche Unterstützungsleistungen?

Ein Ehepaar, welches bereits seit längerer Zeit seine Enkeltochter in Pflege hatte, hatte beim zuständigen Jugendamt die Pflegschaft bzw. die Vollzeitpflege für das Kind beantragt. Die zunächst nur vorübergehende Aufnahme des Kindes hatte sich aus Sicht der Großeltern als dauerhaft notwendig erwiesen. Nunmehr überstiegen allerdings die Kosten der regelmäßigen Versorgung, Pflege und besonderen Bedürfnisse der Enkeltochter die Möglichkeiten der Pflegenden. Auch stand die Jugendweihe des Kindes kurz bevor und die Großeltern wollten ihrem Enkelkind natürlich auch ein schönes Fest bieten.

Der Pflegschaftsantrag war vom Jugendamt aber abgelehnt worden. Vom Bürgerbeauftragten erbaten die Großeltern daraufhin Auskunft, ob die Ablehnung insoweit korrekt gewesen ist und ob nicht doch der Erhalt von Unterstützungsleistungen für die Pflege der Enkeltochter, aber auch für die Ausrichtung der Jugendweihe möglich sein könne.

 

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Lösungsansatz und Ergebnis:

Gem. § 44 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch 8. Buch (SGB VIII – Erlaubnis zur Vollzeitpflege) benötigen Verwandte und Verschwägerte bis zum dritten Grad (also (Ur-) Großeltern, Geschwister, Tanten, Onkel sowie Nichten und Neffen und deren Ehepartner) keine behördliche Erlaubnis, um ein Kind aufzunehmen und müssen die Aufnahme auch nicht beim Jugendamt anzeigen. Es reicht aus, dass die sorgeberechtigten Eltern damit einverstanden sind, dass das Kind bei ihnen lebt. Diese Pflegeverhältnisse auf privater Basis gelten als innerfamiliäre Hilfe und als private Entscheidung der Familie, die der Staat nicht zu bewerten hat, solange damit keine Kindeswohlgefährdung verbunden ist. Die Pflegepersonen haben unabhängig davon aber immer die Möglichkeit, die Beratungsangebote des Jugendamtes in Anspruch zu nehmen.

Für den Unterhalt des Kindes in Pflegeverhältnissen sind die sorgeberechtigten Eltern zuständig. Sind sie nicht leistungsfähig, können beim zuständigen Sozialamt entsprechende Sozialleistungen beantragt werden.

Neben den Pflegeverhältnissen auf privater Basis können Kinder auch auf Antrag der sorgeberechtigten Eltern bei Verwandten in Vollzeitpflege gem. § 33 SGB VIII leben. Den dafür erforderlichen Antrag auf „Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege“ müssen die Eltern stellen. Dieser Antrag wird durch das Jugendamt geprüft, das den Hilfebedarf feststellt und die Eltern, auch über andere Formen der Hilfen, berät. Ist eine dem Wohl des Minderjährigen entsprechende Erziehung bei den leiblichen Eltern nicht möglich und die Unterbringung in einer Vollzeitpflegestelle geeignet und notwendig, wird dem Antrag stattgegeben (§ 27 SGB VIII Hilfe zur Erziehung).

Einen Antrag auf Hilfen zur Erziehung (Vollzeitpflege ist eine Art dieser Hilfen) können ausweislich der Regelung des § 27 Abs. 1 SGB VIII damit nur die Sorgeberechtigten stellen. Da im hier beschriebenen Fall die Großeltern nicht sorgeberechtigt waren, war die erfolgte Ablehnung ihres Antrags auf Gewährung von Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege seitens des Jugendamtes insoweit nachvollziehbar und aus Sicht des Bürgerbeauftragten nicht zu beanstanden.

Für die Großeltern gab es daher im Ergebnis nur folgende Möglichkeiten, um Hilfen zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege zu erhalten:

  1. Die Sorgeberechtigte(n) beantragen selbst die Hilfen zur Erziehung. Das Jugendamt überprüft dann, ob die Verwandten, die die Pflege des Kindes übernehmen möchten (oder bei denen das Kind bereits aufgrund einer familiären Vereinbarung lebt), als Pflegestelle gem. § 33 SGB VIII (Vollzeitpflege) geeignet sind.
  2. Das Familiengericht kann auf Antrag der Eltern oder der Pflegeperson Angelegenheiten der elterlichen Sorge (z.B. die Befugnis der Inanspruchnahme von Hilfen zur Erziehung) auf die Pflegeperson übertragen. Für die Übertragung auf Antrag der Pflegeperson ist die Zustimmung der Eltern erforderlich (§ 1630 Abs. 3 BGB).
  3. Stimmen die Eltern nicht zu, kommt eine Bestellung der Pflegeperson zum Pfleger oder Vormund nur in Betracht, wenn den Eltern das Sorgerecht oder Teile davon durch das Familiengericht gemäß § 1666 BGB wegen Kindeswohlgefährdung entzogen wird.

Bezüglich der Frage, ob die Großeltern für ihre Enkeltochter beim Sozialamt neben Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt auch ggf. weitere Unterstützungsleistungen für Ausgaben wie für die anstehende Jugendweihe geltend machen können, informierte der Bürgerbeauftragte diese über die Möglichkeit der Antragsstellung auf Leistungen für Bildung und Teilhabe. Diese Leistungen unterstützen Kinder und Jugendliche aus Familien, die wenig Geld haben, bei der Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben. Erhalten Pflegeeltern keine Leistungen der Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach dem SGB VIII, können Ansprüche auf diese Bildungs-und Teilhabeleistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (§ 34 SGB XII) bestehen. Ansprechpartner hierfür ist das örtlich zuständige Sozialamt. Nach einem Urteil des Thüringer Landessozialgerichts kann der Grundsicherungsträger unter Umständen auch verpflichtet sein, Kosten für die Teilnahme an einer Jugendweihefeier zu übernehmen.

Betroffene können sich mit ihren Fragen auch an den Landesverband der Pflege- und Adoptivfamilien Thüringen e.V. wenden. Kontaktdaten und weitere Informationen erhalten Sie über die Webseite des Vereins: https://www.lv-pa-thueringen.de/

Zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger, die wir beraten, behalten wir uns vor, bei den geschilderten Fällen auf Namen und Ortsangaben zu verzichten oder sie so abzuwandeln, dass eine Identifikation ausgeschlossen werden kann. Zur besseren Verständlichkeit verzichten wir auf eine exakte Darlegung der Rechtslage, sind aber gerne bereit, diese auf Nachfrage zu erläutern.

Stand: 6/2023

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