Das Kostensenkungsverfahren bei der Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung
Sowohl das Sozialgesetzbuch – Zweites Buch – (SGB II) als auch das Sozialgesetzbuch – Zwölftes Buch – (SGB XII) sehen für Leistungsberechtigte die Übernahme der tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung als existenzsichernde Leistung vor. Voraussetzung ist aber, dass diese Kosten „angemessen“ sind.
Als „angemessen“ in diesem Sinne sind die Kosten dann anzusehen, wenn die Summe aus Nettokaltmiete und Betriebskosten (kalt) / m² multipliziert mit dem Wohnflächenrichtwert der Bedarfsgemeinschaft (BG) nach dem SGB II bzw. der Anzahl der leistungsberechtigten Personen in der Unterkunft nach dem SGB XII die jeweiligen Grenzen für die Bruttokaltmiete und die Heizkosten nicht übersteigen. Die Summe aus Nettokaltmiete und Betriebskosten kalt ergibt die Bruttokaltmiete. Die Angemessenheit der Nettokaltmiete wird als Richtwert bezogen auf die Größe des leistungsberechtigten Personenkreises bestimmt. Als Richtwerte dienen die folgenden Wohnflächen:
- 1 Person 45 m²,
- 2 Personen 60 m²,
- 3 Personen 75 m²,
- jede weitere Person 10 m².
Die Nettokaltmiete wird an Hand des örtlichen Mietspiegels bestimmt.
Sofern nach alledem die Unterkunftskosten die angemessene Höhe übersteigen, findet in der Regel ein sog. Kostensenkungsverfahren auf der Grundlage des § 22 SGB II bzw. § 35 SGB XII statt.
Übersteigen dabei die tatsächlichen Kosten der Unterkunft den abstrakt angemessenen Mietpreis, ohne dass Besonderheiten des Einzelfalls ein Abweichen vom Richtwert erfordern und ist angemessener Wohnraum auf dem maßgebenden Wohnungsmarkt verfügbar, wird die weitere Kostenübernahme durch § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II bzw. § 35 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB XII begrenzt: Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Bedarf übersteigen, sind sie als Bedarf solange anzuerkennen, wie es dem Leistungsberechtigten nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.
Dabei muss der Leistungsempfänger aber über die zu hohen Kosten informiert und aufgefordert werden, diese zu senken. Mit der Kenntnis, dass die tatsächlichen Kosten unangemessen hoch und daher auf das konkret angemessene Maß zu begrenzen sind, können von den Leistungsberechtigten Kostensenkungsmaßnahmen erwartet werden. Durch die Kostensenkungsaufforderung wird eine sechsmonatige Regelübergangsfrist in Kraft gesetzt, während derer auch unangemessene Unterkunftskosten übernommen werden können. Dabei erhält der Leistungsberechtigte auch die Gelegenheit, Gründe vorzutragen, die einen Wohnungswechsel im individuellen Fall unzumutbar machen würden. Dies kann zum Beispiel eine schwere Erkrankung sein.
In diesem Zusammenhang suchte eine Bürgerin, die aufgrund ihrer geringen Rente aufstockende Leistungen der Grundsicherung nach SGB XII erhielt, die Hilfe des Bürgerbeauftragten. Denn obwohl grundsätzlich auch die Kosten ihrer Unterkunft vom Sozialamt getragen werden, zahlte die Bürgerin seit Jahren einen Betrag von circa 40 Euro aus eigener Tasche hinzu, die ihr angesichts ihrer ohnehin schwierigen finanziellen Situation an anderer Stelle zum Lebensunterhalt fehlten. Grund dafür war die Tatsache, dass ihre Unterkunftskosten den Richtwert der angemessenen Unterkunftskosten überstiegen.
Die Bürgerin konnte indes nicht verstehen, dass jeweils automatisch ein Abzug dieses die Angemessenheitsgrenze übersteigenden Betrages erfolgte, ohne dass sie jemals von der Behörde auf etwaige zu hohe Kosten hingewiesen oder aufgefordert wurde, ihre Kosten dementsprechend zu senken bzw. sich eine kleinere und günstigere Wohnung zu suchen. Ferner wurde ihr auch keine Gelegenheit gegeben, entsprechende Gründe vorzutragen, die eine Kostensenkung unmöglich oder unzumutbar machen und somit die höheren Unterkunftskosten rechtfertigen könnten. Die Bürgerin bat deshalb den Bürgerbeauftragten um Unterstützung bei der Klärung der Situation.
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Lösungsansatz und Ergebnis
Der Bürgerbeauftragte nahm daraufhin Kontakt mit dem zuständigen Sozialamt auf, um die Hintergründe dieser Vorgehensweise zu erforschen. Dabei stellte sich heraus, dass die Bürgerin Jahre zuvor eine entsprechende Erklärung unterschrieben hatte, mit welcher sie auf die Durchführung dieses Kostensenkungsverfahren verzichtete.
Da es sich dabei aber um eine jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufliche Erklärung handelte, konnte die Bürgerin durch Widerruf die Ausgangslage wiederherstellen. Konkret bedeutete dies für die Bürgerin, dass ihr damit bis zur Durchführung des Kostensenkungsverfahrens zunächst wieder die tatsächlichen Unterkunftskosten zustanden und sie auch die Gelegenheit bekam, Gründe für höhere Wohnkosten geltend zu machen.
So konnte durch die Vermittlung des Bürgerbeauftragten mit der Behörde eine Klärung bezüglich der Unterkunftskosten erzielt und dadurch letztendlich nicht nur die nötige Transparenz für die Bürgerin hergestellt, sondern auch eine Lösung im Sinne des Bürgeranliegens gefunden werden.