Kann eine Aufwandsentschädigung für vom Gericht bestellte ehrenamtliche Betreuer auf ALG II – Leistungen angerechnet werden?
Mit dieser Frage hatte sich eine Bürgerin an den Bürgerbeauftragten gewandt und um Klärung gebeten.
Diese Bürgerin bekommt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Sie ist bereits seit mehreren Jahren als ehrenamtliche Betreuerin tätig und erhält gemäß § 1835a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) eine pauschale Aufwandsentschädigung i. H. v. 399 Euro pro Betreuungsjahr. Obwohl sie diese Aufwandspauschale bereits seit mehreren Jahren erhalten und das Jobcenter (JC) regelmäßig darüber informiert hatte, war ihr diese erstmalig im Jahr 2016 (Auszahlung Aufwandspauschale für das Jahr 2015 ) hälftig als Einkommen angerechnet und somit leistungsmindernd berücksichtigt worden. Dies konnte die Bürgerin aus mehreren Gründen nicht nachvollziehen. Zum einen sei die Ehrenamtspauschale in den Jahren zuvor nie als Einkommen angesehen worden. Und zum anderen müsse die Aufwandsentschädigung nach ihrem Kenntnisstand wegen anderer Zweckbindung grundsätzlich anrechnungsfrei bleiben. Da sie bislang keine Einigung mit dem JC in der Sache erreichen konnte, hatte sie nun den Bürgerbeauftragten um Unterstützung gebeten.
Dieser prüfte das Anliegen und konnte im Ergebnis dessen die Bedenken der Bürgerin durchaus nachvollziehen. Insbesondere ist der Bürgerbeauftragte bei seinen Recherchen auf das Urteil des SG Cottbus vom 20.08.2014, Az. S 2 AS 3428/12 gestoßen.
Nach dieser Entscheidung handelt es sich bei der Aufwandsentschädigung für Betreuer (gem. § 1835 a BGB) um eine zweckbestimmte Einnahme, die von der Berücksichtigung als Einkommen ausgenommen ist. In seiner Begründung zur Entscheidung führt das Gericht insbesondere an, dass es sich bei der Aufwandsentschädigung um eine der in § 11 a Abs. 3 Satz 1 SGB II genannten Einnahmen handele. Dies sind Leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich, anderen Zweck als Arbeitslosengeld II erbracht werden und damit nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind.
Zweck der Aufwandsentschädigung sei es, den Anspruch auf Aufwendungsersatz abzugelten. Ersetzt werden sollen also pauschal die zum Zwecke der Führung der Betreuung gemachten Aufwendungen. Solche Aufwendungen – so argumentiert das Gericht weiter – seien nicht Teil des Lebensunterhaltes im Sinne des § 9 SGB II. Auf die Frage, ob tatsächlich Aufwendungen in Höhe der Entschädigung entstanden sind, komme es wegen der pauschalierenden Gewährung der Aufwandsentschädigung nicht an.
Im Gegensatz hierzu sei beispielsweise die Entschädigung von Stadträten und Ortsbürgermeistern anders zusammengesetzt und daher anders zu berücksichtigen, als die hier zugrunde liegende Aufwandsentschädigung für Betreuer. Denn ein Anteil der Entschädigung von Stadträten und Ortsbürgermeistern solle den Verdienstausfall ersetzen und ein Anteil den mit der Wahrnehmung des Amtes verbundenen tatsächlichen Aufwand (pauschal) abgelten. Der Anteil für den Verdienstausfall habe dabei den gleichen Zweck wie das Arbeitslosengeld II: Er diene der Sicherung des Lebensunterhalts (wegen des Ausfalls anderweitiger Erwerbsmöglichkeiten).
Letztendlich solle die Aufwandsentschädigung für vom Gericht bestellte Betreuer nicht nur den in einem Monat anfallenden Aufwand abdecken, sondern den Aufwand für ein ganzes Jahr. Auch wenn die Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Betreuer jährlich und nicht monatlich gezahlt werde, entspreche es dem Sinn und Zweck der Vorschrift, die Absetzbeträge für ein ganzes Jahr zu berücksichtigen.
In diesem Sinne und unter Bezugnahme auf die vorstehend angeführte Argumentation des Gerichtes wandte sich der Bürgerbeauftragte an das zuständige JC und bat um nochmalige Prüfung der im Fall der Bürgerin erfolgten Vorgehensweise. Hierauf teilte das JC - ohne dies in der Sache weiter zu begründen - mit, dass der Bescheid an die Bürgerin, in welchem die Aufwandsentschädigung leistungsmindernd berücksichtigt worden war, nach Überprüfung von Amts wegen zurückgenommen worden sei. Ein dahingehendes Schreiben an die Bürgerin sei auch bereits auf dem Weg.
Damit war die Aufwandsentschädigung, die die Bürgerin als ehrenamtliche Betreuerin für das Jahr 2015 erhalten hatte, anrechnungsfrei. Da die Bürgerin genau dieses Ergebnis auch erreichen wollte, konnte das Anliegen mit diesem positiven Ausgang abgeschlossen werden.
Der Bürgerbeauftragte sieht es allerdings sehr kritisch, dass das JC sowohl gegenüber dem Bürgerbeauftragten als auch in dem Schreiben an die Bürgerin selbst keine näheren begründenden Angaben dazu machte, warum der hier überprüfte Bescheid zurückgenommen wurde. Eine selbstkritische Betrachtung wäre hier auch wegen der Klarheit der Rechtslage und der sich daraus ergebenden Eindeutigkeit des fehlerhaften Handelns des JC durchaus angebracht gewesen.