Enteignung für den Nationalpark
Dass Eigentum auch verpflichtet, sein Gebrauch zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen soll und zu diesem Wohl der Allgemeinheit auch eine Enteignung zulässig ist, ist vielen Bürgerinnen und Bürgern durchaus bewusst. Wenn dieser Inhalt des Artikel 14 des Grundgesetzes dann aber im Einzelfall konkret wird, ist doch so mancher verunsichert. So auch der Bürger, der dem Bürgerbeauftragten vortrug, dass seine Mutter für den Nationalpark Hainich Grundstücke hätte abgeben müssen und dafür eine aus seiner heutiger Sicht zu niedrig erscheinende Entschädigung erhalten hätte.
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Lösungsansatz und Ergebnis
Um dem Bürger die Hintergründe transparent zu machen, erläuterte der Bürgerbeauftragte dem Bürger, dass Artikel 14 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) eine Enteignung und damit den Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum nur unter folgenden Voraussetzungen zulasse:
- Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig (Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG).
- Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das zugleich Art und Ausmaß der Entschädigung regelt (Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG).
- Dabei ist die Entschädigung unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen (Art. 14 Abs. 3 Satz 3 GG).
Die Errichtung des Nationalparks Hainich geht auf einen Beschluss des Thüringer Landtags und das entsprechende „Thüringer Gesetz über den Nationalpark Hainich (ThürNPHG)“ vom 19. Dezember 1997 zurück. § 2 dieses Gesetzes bestimmt das Gebiet des Nationalparks, § 3 den Schutzzweck des Parks und § 17 des Gesetzes legt fest, dass das Land das Eigentum an der gesamten Fläche nach Maßgabe des Landeshaushalts erwerben soll.
Aus § 16 des ThürNPHG i.V.m. den §§ 48 ff. des Thüringer Gesetzes für Natur und Landschaft (ThürNatG) ergibt sich dann weiter, dass – soweit dieser o.g. primär anzustrebende freiwillige Flächenerwerb scheitern sollte – unter bestimmten, im Gesetz genannten Voraussetzungen auch eine Enteignung zulässig ist. Eine solche darf aber, so schreibt es das Grundgesetz vor, nur gegen Entschädigung stattfinden. Gemäß § 48 Abs. 3 ThürNatG sind auf die Bemessung der Entschädigung und das Enteignungsverfahren die Bestimmungen des Thüringer Enteignungsgesetzes (ThürEG) anzuwenden. Dieses bestimmt in den §§ 8 und 10 Einzelheiten zur Höhe der Enteignungsentschädigung, die sich nach dem Verkehrswert der betroffenen Fläche bemisst.
Mit diesen Informationen wurde dem Bürger verdeutlicht, dass weder die Inanspruchnahme des Grundstückes seiner Mutter als solche noch die Bestimmung des Entschädigungsbetrages willkürlich oder sonst „nach Gutdünken“ zustande gekommen ist, sondern auf rechtlichen Regelungen beruht hat, die für alle Betroffenen gleichermaßen galten. Und dass sich der seinerzeitige Betrag nach nunmehr 20 Jahren vielleicht in einem anderen Verhältnis darstellen mag als damals, dürfte in der Natur der Sache der inflationären Entwicklung liegen.