Die Ablehnung eines Vorhabens im Außenbereich wegen wasserwirtschaftlicher Belange
Zwei Bürger wandten sich wegen der Ablehnung ihrer Bauvoranfrage mit der Bitte um Unterstützung an den Bürgerbeauftragten.
Im Rahmen dieses Verfahrens wollten die Bürger klären, ob die Errichtung eines Einfamilienhauses mit Carport auf ihrem Grundstück genehmigt werden kann. Diese Anfrage war allerdings unter Verweis auf die Außenbereichslage des zur Bebauung angefragten Grundstückes abgelehnt worden. Insbesondere seien, so die Behörde, öffentliche Belange verletzt, da sich das zur Bebauung stehende Grundstück innerhalb der Trinkwasserschutzzone II befinde. Gegen diese Entscheidung hatten die Bürger Widerspruch eingelegt, über welchen bislang noch nicht entschieden worden war. Ausgehend davon hatten die Bürger den Bürgerbeauftragten um Unterstützung dahingehend gebeten, dass eine nicht zuletzt für ihre persönliche Planung relevante verbindliche Klärung erfolgt, ob und wenn ja, welche Möglichkeiten bestehen, hier die (bauplanungsrechtlichen) Voraussetzungen für eine Bebauung ihres Grundstückes zu schaffen.
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Lösungsansatz und Ergebnis
Um den Bürgern weiterzuhelfen, recherchierte der Bürgerbeauftragte die hier zugrunde liegende Sach- und Rechtslage und nahm Kontakt zu den beteiligten Behörden auf. Im Ergebnis musste eine Bebaubarkeit des Grundstückes letztlich verneint werden, da die Außenbereichslage des Grundstückes und insbesondere die benannten wasserwirtschaftlichen Belange ein hohes Gewicht hatten und letztlich auch nicht ausgeräumt werden konnten.
Dies aus den nachfolgenden Gründen:
Ein Bauvorhaben muss nach geltendem Recht bauplanungsrechtlich zulässig sein. Das deutsche Bauplanungsrecht (zu unterscheiden vom Bauordnungsrecht) unterscheidet grundsätzlich drei Flächenkategorien, die im Baugesetzbuch (BauGB) und der Baunutzungsverordnung (BauNVO) geregelt sind. Vorliegend sind dies der Außenbereich, der beplante Innenbereich und der unbeplante Innenbereich. Zielstellung dieser Unterscheidung ist insbesondere, die freie Landschaft vor Zersiedlung zu schützen und eine geordnete städtebauliche Entwicklung zu gewährleisten. Daher ist es letztlich auch erforderlich, zwischen der freien Landschaft und den Siedlungsflächen zu unterscheiden.
Hinsichtlich der Lage des Grundstückes und der daraus resultierenden Einstufung in einen der drei Bereiche hat der Bürgerbeauftragte die auch bei der Bauvoranfrage angenommene Außenbereichslage des Grundstückes bestätigt gefunden: Die Zulässigkeit von Bauvorhaben im Außenbereich richtet sich nach § 35 Baugesetzbuch (BauGB). Zielsetzung des § 35 BauGB ist es, eine weitere Zersiedlung der Landschaft zu vermeiden. Aus diesem Grund ist das Bauen im Außenbereich vom Gesetzgeber besonders stark reglementiert und eingeschränkt worden.
Zu unterscheiden sind grundsätzlich zwei Arten von Außenbereichsvorhaben: privilegierte und sonstige Vorhaben.
Zu den privilegierten Vorhaben gehört der Bau von landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder gartenbaulichen Betrieben einschließlich ihrer betrieblichen Wohngebäude. Ebenfalls genehmigt werden können ortsgebundene Anlagen, die aufgrund ihrer besonderen Art nicht an anderen Stellen im Siedlungszusammenhang möglich sind (z. B. Windkraftanlagen, Kernenergieanlagen, Kraftwerke, Kläranlagen, Steinbrüche, Ziegeleien usw.). Die privilegierten Vorhaben sind in § 35 Abs. 1 BauGB abschließend aufgezählt.
Alle übrigen Vorhaben und so auch das Bauvorhaben der Bürger sind sogenannte sonstige Vorhaben. Sonstige Vorhaben können nur dann genehmigt werden, wenn durch sie öffentliche Belange, zum Beispiel der Schutz von Natur und Landschaft, nicht beeinträchtigt werden. Durch die Planungen dürfen darüber hinaus keine für die Allgemeinheit unwirtschaftlichen Aufwendungen für die Erschließung wie den Bau einer zusätzlichen Straße entstehen, und es darf keine neue Ansiedlung von Gebäuden im Außenbereich (Splittersiedlung) entstehen oder verfestigt werden.
Die einem Vorhaben im Außenbereich möglicherweise entgegenstehenden Belange werden in § 35 Abs. 3 BauGB beispielhaft aufgeführt. Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt gemäß § 35 Abs. 3 Nr. 2 und 6 BauGB insbesondere vor, wenn das Vorhaben dem Wasserrecht widerspricht und die Wasserwirtschaft beeinträchtigt. Da sich das zur Bebauung angefragte Grundstück innerhalb der Trinkwasserschutzzone II der Wassergewinnungsanlage eines Wasserwerkes befindet, stehen einem Bauvorhaben auf diesem Grundstück somit bereits hieraus öffentlich-rechtliche Belange entgegen. Der für die Wasserversorgung in der Ortslage zuständige Wasserzweckverband hatte in seiner Stellungnahme zum Bauvorhaben auch bereits argumentativ untersetzt, aus welchen Gründen die Errichtung von baulichen Anlagen in der Trinkwasserschutzzone II grundsätzlich untersagt ist.
So sind nach § 51 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) Gewässer (hier das Grundwasser) im Interesse der derzeit bestehenden oder künftigen öffentlichen Wasserversorgung vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen. Der § 52 WHG führt dazu die besonderen Anforderungen in Wasserschutzgebieten an. Dazu heißt es im § 52 WHG aber auch: Die zuständige Behörde kann von Verboten, Beschränkungen sowie Duldungs- und Handlungspflichten nach Satz 1 eine Befreiung erteilen, wenn der Schutzzweck nicht gefährdet wird oder überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit dies erfordern. Sie hat eine Befreiung zu erteilen, soweit dies zur Vermeidung einer unzumutbaren Beschränkung des Eigentums erforderlich ist und der Schutzzweck nicht gefährdet wird.
Zu dem von den Bürgern gestellten Antrag auf Befreiung hatte die untere Wasserbehörde wiederum auch den Wasserzweckverband beteiligt. Dieser hatte eine Vielzahl von Fakten aufgeführt, die eine Gefährdung des Grundwasserschutzes erwarten lassen, so z.B. die Nähe des Vorhabens zur Schutzzone I sowie ungünstige geologische und hydrologische Gegebenheiten. Bei der Prüfung der Lage vor Ort hatte die untere Wasserbehörde dann die Einschätzung des Zweckverbandes bestätigt gefunden und sah deshalb keine Möglichkeit, eine Befreiung von den Verboten auszusprechen. Denn insbesondere die unmittelbare Nähe zur Gewinnungsanlage und die ungünstigen geologischen und hydrologischen Gegebenheiten ließen keine Befreiung von dem Verbot einer Neubebauung zu. Da auch keine überwiegenden Gründe des Wohls der Allgemeinheit vorlagen, war keine Befreiung zu erteilen.
Auch wenn der Bürgerbeauftragte nicht zuletzt wegen der Eindeutigkeit der zu dem Bauvorhaben der Bürger abgegebenen Stellungnahme des Zweckverbandes keine Änderung der Ablehnung im Sinne der Bürger erreichen konnte, konnte er hier durch die umfänglichen Informationen in der Sache die Transparenz erhöhen und den Bürgern so zu der gewünschten Planungssicherheit verhelfen.
Zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger, die wir beraten, behalten wir uns vor, bei den geschilderten Fällen auf Namen und Ortsangaben zu verzichten oder sie so abzuwandeln, dass eine Identifikation ausgeschlossen werden kann. Zur besseren Verständlichkeit verzichten wir auf eine exakte Darlegung der Rechtslage, sind aber gerne bereit, diese auf Nachfrage zu erläutern.
Stand: 2022