Eine Brücke mit `ner Tücke …
Ein Bürger wandte sich an den Bürgerbeauftragten, weil die Zufahrt zu seinem Grundstück im Rahmen von Sanierungsmaßnahmen beseitigt werden sollte.
Das Grundstück befand sich wie alle Nachbargrundstücke einige Meter eingerückt von der Straße entfernt und wurde über eine Brücke erreicht. Diese befand sich im Eigentum der Gemeinde. Auf beiden Seiten der Brücke befanden sich Fußwege. Nun weigerte sich die Gemeinde, diese „Zufahrtsbrücke“ zu sanieren. Der Bürger sollte im Zuge der Straßenbaumaßnahme die Brücke selbst erneuern. Er konnte diese Forderung nicht nachvollziehen. Denn die fünf benachbarten Grundstücke würden ebenfalls durch Brücken erreicht, welche durch die Gemeinde im letzten Jahr erneuert worden waren.
Die Gemeinde vertrat die Auffassung, dass es sich um eine private Brücke handele, die - entgegen der drei weiteren Brücken - keiner öffentlichen Aufgabe diene.
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Lösungsansatz und Ergebnis
Der Bürgerbeauftragte wandte sich an die Gemeindeverwaltung und schilderte die Umstände, die seiner Auffassung nach in die Bewertung des Sachverhalts einzubeziehen seien. Demnach besteht gemäß § 22 Abs. 4 Thüringer Straßengesetz (ThürStrG) eine Ersatzverpflichtung des Baulastträgers bei der Änderung oder Einziehung von Zufahrten und Zugängen bzw. die Verpflichtung, eine angemessene Entschädigung in Geld zu zahlen. Von dieser Verpflichtung zum Ersatz ist der Träger der Baulast hingegen frei, wenn das Grundstück eine anderweitige ausreichende Verbindung zum öffentlichen Wegenetz besitzt oder die Zufahrten auf einer widerruflichen Erlaubnis beruhen.
Im Fall Bürgers war zweifelhaft, ob der Trampelpfad vor seinem Haus eine ausreichende Verbindung zum öffentlichen Wegenetz darstellt. Es bestand die Notwendigkeit, dass bei Beseitigung der Brücke eine neue ausreichende Verbindung zum öffentlichen Wegenetz hergestellt werden müsse, um dem Ersatzgedanken des Thüringer Straßengesetzes zu entsprechen.
Zudem hatte die ausführende Baufirma ein Widerlager der Brücke zerstört. Damit war ein Schaden entstanden, der nicht durch den Bürger zu ersetzen war.
Schließlich war zwischen der Gemeinde und dem Bürger strittig, wer für die Brücke unterhaltspflichtig ist. Denn: Die Brücke war nicht im gemeindlichen Straßenbestandsverzeichnis enthalten. Es gab wohl auch keinerlei Unterlagen zur Brücke. Warum im Rahmen der Planungen nur drei der sechs Brücken berücksichtigt wurden, konnte nicht nachvollzogen werden. Auch wurde der Uferbereich als Weg genutzt, was gegen eine rein private Natur und für einen Gemeingebrauch der Brücke und damit für einen Erhaltungspflicht der Gemeinde sprach.
Es gab also Argumente für und gegen die Unterhaltungspflicht. Eine verbindliche Bewertung hätte für den Bürger und die Gemeinde nur in einem langwierigen Verwaltungsstreitverfahren erfolgen können. Angesichts des ungewissen Ausgangs und der im Falle einer Verzögerung doppelten Kosten eines Ersatzbaus einigten sich unter Vermittlung des Bürgerbeauftragten Bürger und Gemeinde auf eine hälftige Kostentragung. Damit konnte die Brücke noch im Zuge der laufenden Straßensanierungsmaßnahmen – kostengünstig - erneuert werden.
Zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger, die wir beraten, behalten wir uns vor, bei den geschilderten Fällen auf Namen und Ortsangaben zu verzichten oder sie so abzuwandeln, dass eine Identifikation ausgeschlossen werden kann. Zur besseren Verständlichkeit verzichten wir auf eine exakte Darlegung der Rechtslage, sind aber gerne bereit, diese auf Nachfrage zu erläutern.