Mehr Sicherheit durch Tempo 30 auch auf innerörtlichen Hauptverkehrsstraßen
Zur Erreichung von mehr Verkehrssicherheit unmittelbar vor ihren Haustüren wandten sich zwei Anwohnerinitiativen an den Bürgerbeauftragten. Sie trugen vor, dass ihre Wohnhäuser direkt an einer Hauptverkehrsstraße liegen, die sehr stark frequentiert sei. Aufgrund dieser Verkehrssituation begehren die Anwohner die Anordnung einer streckenbezogenen Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h in den jeweils von ihnen bewohnten Bereichen. Dabei machte eine der Anwohnerinitiativen geltend, dass sich in deren Abschnitt neben einem Krankenhaus auch die Ausfahrt für den Rettungsdienst befinde.
Bis vor kurzem habe in den betreffenden Straßenabschnitten diese Geschwindigkeitsbeschränkung bereits bestanden. Diese hätte sich aber im Ergebnis einer Prüfung als rechtswidrig erwiesen, weshalb die Schilder nun durch die Stadtverwaltung wieder entfernt worden waren.
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Lösungsansatz und Ergebnis
Innerhalb geschlossener Ortschaften gilt die generelle Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h. Tempo-30-Zonen sind zwar in den Wohngebieten und Nebenstraßen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit und der Reduzierung von durch den Straßenverkehr hervorgerufenen Belastungen häufig anzutreffen – nicht dagegen auf Hauptverkehrsstraßen. Für die Anordnung einer innerörtlichen streckenbezogenen Geschwindigkeitsbegrenzung auf Hauptverkehrsstraßen gelten hohe Hürden, etwa der Nachweis eines Unfallschwerpunkts.
Öffentliche Straßen sind dem sog. Gemeingebrauch gewidmet. Gemeingebrauch bedeutet, dass der Gebrauch der öffentlichen Straße jedermann im Rahmen der Widmung und der verkehrsrechtlichen Vorschriften gestattet ist. Einschränkungen sind daher nicht ohne weiteres möglich. Gemäß § 45 Abs. 9 Satz 1 der Straßenverkehrsordnung (StVO) sind Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen nur dort anzuordnen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist. Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht.
Mit der ersten Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrsordnung v. 30.11.2016 (BGBl. I S. 2848) wurden diese bislang hohen Hürden für bestimmte Ausnahmefälle abgesenkt. Länder und Kommunen sollen nun auch ohne einen solchen Gefahrennachweis Tempolimits auf Hauptverkehrsstraßen in sensiblen Bereichen mit besonders schützenswerten Verkehrsteilnehmern einführen können. Damit ist die Anordnung einer innerörtlichen streckenbezogenen Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h auch auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) möglich geworden, und zwar im unmittelbaren Bereich Kindergärten, Kindertagesstätten, allgemeinbildenden Schulen, Förderschulen, Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern.
Unter Hinweis auf die (relativ neue) nun bestehende Rechtslage hat sich der Bürgerbeauftragte mit der Stadt in Verbindung gesetzt und gebeten, eine erneute Bewertung der jeweiligen Verkehrssituationen für die beiden Anwohnerinitiativen vorzunehmen.
Im Ergebnis dieser Prüfung soll nun für den Straßenabschnitt, in dem sich das Krankenhaus befindet, wieder ein 30 km/h Tempolimit angeordnet werden.
Für den Straßenabschnitt der weiteren Anliegerinitiative konnte die Anordnung einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h nicht erreicht werden, weil die nachfolgend genannten Voraussetzungen fehlten.