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  • Dr. K. Herzberg an seinem Schreibtisch

    Dr. Kurt Herzberg, Bürgerbeauftragter des Freistaats Thüringen

    Foto: V. Hielscher
  • Kind sitzt auf dem Fußweg, Kopf gebeugt, Schulranzen steht daneben

    Unterrichtsausfall - auch in Thüringen ein großes Problem

    Foto: Anne Garti/pixelio.de
  • Auto liegt auf Dach, Feuerwehr und Krankenwagen stehen daneben

    Ehrung für Lebensretter

    Foto: Erich Kasten
  • Der Bürgerbeauftragte im Gespräch

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Gute juristische Argumentation verhilft zu gerechtem Ergebnis und gewahrtem Anstand

Mit einem interessanten Fall zum Bestattungsrecht bekam es der Bürgerbeauftragte jüngst zu tun, als er dringend um Unterstützung gebeten wurde. Was war passiert? 

Eines Tages erreichte den Bürgerbeauftragten der Anruf eines Hospizvereins. In dessen Büro, so schilderte es die dortige Mitarbeiterin, säße ein verzweifelter älterer Herr und wisse nicht mehr weiter. Der Mann solle die Rechnung eines Bestattungshauses bezahlen, da er anstandshalber die Beisetzung einer guten Bekannten beauftragt hatte. Er könne sich den Betrag aber wegen seiner kleinen EU-Rente bei weitem nicht leisten. Der Bürgerbeauftragte versprach, sich der Angelegenheit sofort anzunehmen und sich direkt mit dem Bürger in Verbindung zu setzen. Bei einem Telefonat kurz später bestätigten sich die schon bekannten Informationen: Der Bürger war mit der Verstorbenen, die unheilbar an Krebs erkrankt war, gut bekannt und hatte auf Grund der ihm kurz vor deren Tod erteilten Vorsorgevollmacht die Bestattung beauftragt. Nun sah er sich den Forderungen des Bestattungshauses gegenüber, aber außerstande, sie zu begleichen.

Der Bürgerbeauftragte suchte sofort Kontakt zum Sozialamt des zuständigen Landkreises. Die dortige Bearbeiterin war zwar guten Willens, kam nach den ihr mitgeteilten Sachverhaltsinformationen jedoch zu dem Schluss, dass eigentlich die Ordnungsbehörde hätte handeln müssen. Der Bürger sei kein Bestattungspflichtiger i.S.d. Bestattungsrechtes gewesen. „Deshalb“, so fügte sie hinzu, „ist § 74 SGB XII nicht anwendbar und er wird wohl leider auf den Kosten sitzen bleiben!“

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Lösungsansatz und Ergebnis:

Damit wollte sich der Bürgerbeauftragte nicht zufrieden geben. Deshalb prüfte er sorgfältig die Rechtslage:

§ 74 SGB XII bestimmt: „Die erforderlichen Kosten einer Bestattung werden übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.“ Die „hierzu Verpflichteten" als Träger des Anspruchs aus § 74 sind diejenigen, die verpflichtet sind, die Bestattungskosten zu tragen. Wer zur Tragung der Bestattungskosten „verpflichtet“ ist, wird allerdings in § 74 nicht näher umschrieben oder definiert, sondern als anderweitig begründet vorausgesetzt. Eine genaue Bestimmung des Kreises der Kostentragungspflichtigen ist aber wichtig, weil nur diese einen Anspruch gegen den Sozialhilfeträger auf Übernahme der Bestattungskosten haben können. Die Problematik liegt insofern im Schnittfeld von Zivilrecht (insbes. Familien- und Erbrecht) und Öffentlichem Recht (insbes. Friedhofs- und Bestattungsrecht).

Kostentragungspflicht im obigen Sinn können sich nicht nur aus dem Zivilrecht, sondern auch aus dem Öffentlichen Recht, insbesondere den gesetzlichen Vorschriften über die Bestattungspflicht, ergeben. Das Friedhofs- und Bestattungsrecht fällt allerdings in die Kompetenz der Länder (Art. 70 Abs. 1 GG). (…) Wer zum Kreis der öffentlich-rechtlich zur Bestattung Verpflichteten gehört, ist daher schon allein deshalb – und auch ohne Erbberechtigung – zugleich Verpflichteter im Sinne des § 74. 

Entscheidend war somit auch im gegebenen Sachverhalt, ob bzw. inwieweit und wem gegenüber landesgesetzlich eine Bestattungspflicht auferlegt war. 

§ 18 Abs. 1 Thüringer Bestattungsgesetz formuliert das klar und deutlich: Neben dem vom Verstorbenen zu Lebzeiten Beauftragten haben die volljährigen Angehörigen in bestimmter Reihenfolge für die Bestattung zu sorgen. Das Gesetz geht also davon aus, dass der Verstorbene zu Lebzeiten einen anderen (der nicht Anverwandter ist), mit seiner dereinstigen Bestattung beauftragen kann. Geschieht dies, geht diese Beauftragung sogar der Pflicht der Angehörigen vor.  Ob und ggf. in welcher Form die Beauftragung zu erfolgen hat, legt das Gesetz nicht fest. Insofern ist vom allgemeinen Sprachverständnis auszugehen: „Beauftragt“ ist derjenige, dem die Erledigung einer bestimmten Tätigkeit übertragen bzw. anvertraut wird. 

Im gegebenen Sachverhalt hatte der Bürger glaubhaft dargelegt, dass er von der Verstorbenen, die über keine nahen Angehörigen mehr verfügte, während ihres Hospizaufenthaltes ersucht worden sei, sich um ihre dereinstige Bestattung zu kümmern. Diese Darstellung wurde maßgeblich gestützt durch den Inhalt der von der Verstorbenen aufgesetzten Vorsorgevollmacht: Hierin erteilte sie ihrem Bekannten nicht nur für alle im Formular vorgesehenen Lebensbereiche Vollmacht, sondern bestimmte auch ausdrücklich, dass die Vollmacht über den Tod hinaus gelten solle. Dies machte aber nur Sinn, wenn es der Wille der Verstorbenen war, dass sich ihr Bekannter auch um die nach ihrem Tod zu erledigenden Dinge kümmern sollte.

Nach Auffassung des Bürgerbeauftragten konnte daher kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass die Verstorbene den Bürger mit ihrer Bestattung betrauen wollte, ihn dann mündlich auch tatsächlich damit beauftragt hat und ihr Bekannter somit „zu Lebzeiten Beauftragter“ im Sinne des    § 18 Abs. 1 Thür. Bestattungsgesetz war. Damit war er landesrechtlich bestattungspflichtig gewesen und somit letztlich „Verpflichteter“ i.S.d. § 74 SGB XII. 

Mit dieser Argumentation wandte sich der Bürgerbeauftragte erneut an das Sozialamt und bat dringend um eine Überprüfung der bisherigen Sichtweise – mit Erfolg: die Bearbeiterin zeigte sich von der Schlüssigkeit der Darstellung des Bürgerbeauftragten überzeugt und traf ohne Verzug alle Vorbereitungen für eine Kostenübernahme, da das Bestattungsinstitut dem Bürger zwischenzeitlich schon mit Vollstreckungsschritten drohte. Über die Zusage der Kostenübernahme war der Bürger sehr erleichtert.

Auch der Bürgerbeauftragte und seine Mitarbeiterinnen waren sehr froh über das erreichte Ergebnis, konnte doch mit einer sorgfältigen juristischen Argumentation ein ungerechtes Ergebnis, das zudem menschlichen Anstand bestraft hätte, vermieden werden.

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